25. April 2024

4.5 Zerfall der Cabildos

Während der letzten Dekade des 19. Jahrhunderts veränderten sich die Cabildos. Ab diesem Zeitpunkt waren die Cabildos auch für Nicht-Lucumi offen. Außerdem konnte man durch Initiation zu einem Lucumi werden. Gleichzeitig begann die Regierung, die Cabildos einzuschränken. Seit 1877 durften die Wahlen innerhalb der Cabildos nur noch unter staatlicher Aufsicht durchgeführt werden. Außerdem wurde 1882 veranlasst, dass die Lizenz jedes Jahr erneuert werden musste. Die Verbote gingen soweit, dass die afrikanischen Cabildos ab Dezember 1884 nicht mehr an der jährlichen Dreikönigsfeier teilnehmen durften. 1887 wurde ihnen der Status “religiöse Organisation” weggenommen und wodurch sie unter das zivile Vereinsgesetz fielen. Letztendlich wurden ab April 1888 keine neuen Cabildos mehr als Vereine zugelassen. Dennoch sieht Palmié die Gründe für den Zerfall der Cabildos eher in der demographischen Entwicklung, als in den Repressionen:

“denn das Ende des kubanischen Sklavenimportes in den 1870er Jahren und die endgültige Sklavenbefreiung im Jahr 1886 bedeuteten, daß sich die “naciones” als “afrikanische” Ethnien nicht mehr länger durch die Assimilation hinzukommender Afrikaner aufrecht erhalten ließen.”1

Auch die Wanderung der nun befreiten Sklaven vom Land in die Städte, konnten die Entwicklung nicht aufhalten. Die Cabildos waren sich dieses Verlaufs wohl bewusst. Doch ihre Versuche, den Zerfall zu verhindern, scheiterten. Weder die Umbenennung unter neuer Zielsetzung noch neue Satzungen konnten etwas ausrichten. Zusätzlich kam es immer wieder zu Konflikten zwischen den Kreolen und den Afrikanern. Trotzdem versuchten die Afrikaner, an ihrer ethnischen Zugehörigkeit festzuhalten. Doch immer mehr Cabildos lösten sich auf. Allerdings konnten sich die ländlichen Cabildos wesentlich länger erhalten und existieren bisweilen heute noch.2

Durch den Zerfall der Cabildos bildeten sich “reglas” (Religions-gemeinschaften) und “casas” (Kultgruppen). Dadurch entwickelte sich statt dem ethnischen Zugehörigkeitsgefühl eine religiöse Basis. Noch während der Zeit der Cabildos konnte man seine Religionszugehörigkeit relativ frei wählen. So wurden andere ethnische Gruppen assimiliert und es kam sogar zur Initiation von Weißen. Da die Cabildos in dieser Hinsicht sehr streng waren, hatten sich zu dieser Zeit bereits Kultgruppen entwickelt, die unabhängig waren. Trotzdem ließ sich nicht vermeiden, dass viel Wissen verloren ging, da die Wissensträger der Cabildos starben, ohne ihr Wissen an die jüngeren Generationen weiterzugeben.3

1Palmié, Stephan 1991 S. 151

2Palmié, Stephan 1991 S. 151-156

3Palmié, Stephan 1991 S.157- 164